Von Elke Partovi/Rheinpfalz
Feines Früchtchen

LEINSWEILER: Unter Schnapsbrennern gilt die teure Elsbeere als der eigentliche Star unter den Beerenfrüchten. Erfahrene Schnuppernasen setzen eine Kennermiene auf, wenn ihr Name fällt. Die Destillerie Große-Hartlage in Leinsweiler bietet seit Neuestem Elsbeere-Geist an.

„Wenn man das fertige Destillat probiert, erlebt man ein wahres Feuerwerk an Aromen wie sonst bei keiner einzelnen Frucht“, sagt Walter Große-Hartlage über seinen Elsbeere-Geist. ( Foto: Iversen)

Die „schöne Else“ – ein selten feines Früchtchen ist sie! Besser gesagt war sie. Jetzt ruht sie still. Aber nur so lange, bis wieder jemand nach ihrem elegant geformten Glaskörper greift, das Oberteil freilegt, verzückt seine Nase in der schmalen Öffnung versenkt und sich betören lässt: vom Duft der Elsbeere, die auch „schöne Else“ genannt wird. Elsbeere-Geist ist das jüngste Produkt der Destillerie Große-Hartlage aus Leinsweiler.

„Die Elsbeere ist die teuerste Wildfrucht unserer Breiten, weil die Beeren aufwendig von Hand in großer Höhe geerntet werden müssen“, sagt Walter Große-Hartlage. Doch der Aufwand lohne sich, denn „wenn man das fertige Destillat probiert, erlebt man ein wahres Feuerwerk an Aromen wie sonst bei keiner einzelnen Frucht“, schwärmt der stattliche 78-Jährige, der die schöne Else in die Flasche entführte. „In der Nase geben sich Marzipan und Kräuter-Aromen ein Stelldichein, im Abgang gesellen sich Beerenaromen und ein nicht enden wollendes Spiel exotischer Früchte hinzu“, erklärt er die Wirkung des edlen Destillats für Genießer.

Große-Hartlage, der privat einen guten Weißburgunder schätzt, beliefert mit seinen Produkten unter anderem auch das Sternerestaurant „ Zur Krone“ in Hayna. Voriges Jahr feierte der Elsbeere-Geist Premiere. Destilliert wird in dem Betrieb in der Weinstraße 19 in Leinsweiler schon seit 1969. Wer das idyllisch am Ortsrand gelegene Gebäude zum ersten Mal betritt und erwartet, hier gleich auf eine urwüchsige Pälzer Babbelgosch zu treffen, wird erst mal überrascht. Der Meister der Flaschengeister ist ein großer, weißhaariger Herr mit viel Humor und unverkennbar norddeutschem Zungenschlag. Walter Große-Hartlage stammt aus Melle nahe Osnabrück und war lange als Weinkommissär tätig. Die Liebe hat den Niedersachsen in die Pfalz geführt, nachdem er seine spätere Ehefrau Renate, eine Leinsweilerin, kennenlernte. „Ich hab sie mir geschnappt“, erzählt er und lacht.

Sein Refugium erstreckt sich über zwei Etagen, gefüllt mit allerlei Apparaturen, Behältern und Fässern, die für die Destillation notwendig sind. Die guten Geister, die er rief, stehen in Reih und Glied auf Regalbrettern. Zum Beispiel Walnussgeist, Kaffeegeist, Schwarzer Johannisbeerbrand, Ebereschen-Geist Royal und viele weitere edle Tropfen. Dazu Vanillelikör, Schokoladen-Likör, Himbeer-Likör und und und. „Aber mein Elsbeere-Geist ist schon was ganz Besonderes, der ist eine Klasse für sich“, versichert Große-Hartlage, greift zu einem Glas und schenkt zwei Fingerbreit ein. „Hier, schnuppern Sie mal“, fordert er den Besuch auf. „Und jetzt müssen wir zum Herrgott gehen“, fährt er fort, tritt vor die Türe, hält das Glas gen Himmel und schwenkt es. Die Sichtprobe beweist die gute Qualität des Brands: In Schlieren läuft das Destillat ganz langsam die Glasinnenwand hinab.

Eine Wendeltreppe führt ins Obergeschoss. Große-Hartlage lupft den Deckel eines braunen 50-Liter-Bottichs aus Steingut, füllt mit einer riesigen Glaspipette abfüllfertigen Elsbeere-Geist in ein Glas und lädt wieder zum Schnuppern ein. Ein paar Schritte weiter schwimmt Rohbrand verführerisch duftender Orangen in einem großen, runden Edelstahlkessel.

„Die muss ich heute noch filtrieren“, sagt der Chef, der viele Stammkunden hat und stolz darauf ist, dass all seine Erzeugnisse „ganz ohne Aromastoffe“ auskommen, wie er versichert. Worauf es ihm beim Destillieren besonders ankomme? Da hüllt sich der gesprächige Experte aus Leinsweiler in ein freundliches Schweigen und signalisiert: Das ist Betriebsgeheimnis. Nur so viel: „Das Produkt, das ich verwende, muss hundertprozentig hochwertig sein.“ Das ist ihm enorm wichtig und da sieht er sich seiner anspruchsvollen Kundschaft verpflichtet. „Ich weiß, ich bin verrückt, dass ich das immer noch mache“, sagt der Vater dreier Töchter und fünffache Opa, „aber die Brennerei macht mir halt immer noch sehr viel Spaß.“